Vor allem junge Delegierte üben in der Debatte scharfe Kritik an der Asylpolitik der Ampelregierung. “Es ist unehrlich über Begrenzung zu reden, während die Welt in Flammen steht”, sagt Vasili Franco, Delegierter aus Berlin. “Liebe Freundinnen und Freunde, ich bitte Euch. Lasst uns nicht schon auf diesem Parteitag einen Kompromiss mit konservativen Kräften verabschieden”, drängt Sophia Pott aus Lübeck.
Welche, das schildert auf eindringliche Weise Außenministerin Annalena Baerbock: “Wenn ich mir vorstelle, es geht um jedes Flüchtlingskind in Thessaloniki, soll ich dann sagen, ich kann leider nicht mitverhandeln, das soll jetzt mein ungarischer Kollege alleine machen? Soll Robert das nächste Mal, wenn er bei der MPK [Ministerpräsidentenkonferenz] sitzt, sagen, ich kann da nicht mitverhandeln, das soll jemand anderes machen?” Baerbock fleht regelrecht ihre Parteifreunde an, den Antrag der Grünen Jugend abzulehnen.
Verstehe ich das richtig, dass du damit grob die Position vertrittst “lieber nicht regieren als falsch regieren”? Also nicht knallhart, aber schon in dem Sinne dass man lieber seiner Ideologie treu bleiben sollte anstatt Kompromisse einzugehen?
Oder störst du dich nur an der Diskrepanz zwischen Wahlwerbung und Koalitionsabstimmungsverhalten? Hätten die Parteien dann mit ihren Kompromisspositionen Werbung machen sollen, bevor überhaupt eine Koalition feststeht?
Und wie stellst du dir Abstimmungen vor, wenn jeder nur für seine Position stimmt und alles andere hart ablehnt, weil man da nicht dafür stehen will?
Ne, verstehst du falsch. Ich kann aber nachvollziehen warum du auf diesen Trugschluss kommst. Um dir das nochmal zu erläutern: Natürlich soll man seiner Ideologie treu bleiben, aber man muss auch die Rahmenbedingungen der Demokratei anerkennen. Es ist völlig klar, dass man in der BRD nur mit Kompromissen weiterkommt.
Diese Grundlagen für die Zusammenarbeit sind mit dem Koalitionsvertrag geschaffen worden. Falls ein Partner sich nicht an diesen Koalitionsvertrag hält, muss das offen angesprochen werden. Man kann sich doch nicht vors Mikro stellen und dann rumheulen, dass man nicht anders handeln konnte - obwohl sich im Vorfeld geeinigt wurde. Das ergibt einfach keinen Sinn und das kann man auch dem Wähler nicht erklären. Die Grünen sind teilweise einfach viel zu kompromissbereit und das tut einfach weh. Die lassen viel zu viel mit sich machen und das muss aufhören. Natürlich kann man jetzt vorhalten, dass man dann halt die Koalition und die Regierungsmitsprache verspielt - aber wenn man die eigenen Wähler vergrault, verspielt man ebenso die nächste Wahlperiode. Wir sehen das doch z.B. ganz gut an der SPD - mit jeder GroKo haben die an Wählern verloren. Wo sind die mittlerweile angekommen? 20% oder sind wir schon bei 15%? Ich weiß es nicht mehr. Was will die SPD denn in Zukunft noch reißen? Da habe ich mehr Hoffnung darin, dass die Linke nochmal das Ruder rumgerissen bekommt.
Und ja, man sollte vll. mal mehr auf die Versprechen im Vorfeld achten, das wäre auch gut. Ich habe jetzt aber ehrlicherweise nochmal ins Wahlprogramm der Grünen geschaut und das ist so schon mega schwammig. Ich glaube ich nehme meine scharfe Kritik insofern etwas zurück. Sie sagen z.B. auch “Es braucht” etc. - anstatt “Wir machen”.
Ok, diese Position verstehe ich.