"Die Stadt Köln beurteilt den Bau eines U-Bahn-Tunnels auf der Ost-West-Achse als grundsätzlich förderfähig. Die Stadtverwaltung teilte am Donnerstagnachmittag mit: „Die Berechnungen zum Nutzen-Kosten-Verhältnis der Ost-West-Achse zeigen für beide Alternativen (oberirdische und unterirdische Projektalternative) positive Ergebnisse.“ Die Förderfähigkeit sei aller Voraussicht nach gegeben, die Abstimmungen mit den Zuwendungsgebern seien aber noch nicht abgeschlossen. Damit ist der Bau eines U-Bahn-Tunnels für die Linien 1, 7 und 9 zwischen Heumarkt und Eisenbahnring weiterhin möglich.
Demnach beträgt der Kosten-Nutzen-Indikator mindestens 1,0. Dieser Indikator zeigt an, ob Bauprojekte für den öffentlichen Nahverkehr volkswirtschaftlich sinnvoll sind, er setzt die Kosten ins Verhältnis zum gesamtwirtschaftlichen Nutzen. Hätte der Kosten-Nutzen-Indikator unter 1,0 gelegen, wäre die Tunnel-Variante tot gewesen. Je höher der Faktor ist, desto größer ist die Förderfähigkeit des Projekts, der Bund kann bis zu 90 Prozent der Kosten übernehmen. Ein Faktor von 1,0 oder höher bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass ein Projekt überhaupt gefördert wird - denn der Bund kann seine Gelder nur einmal verteilen, und die Konkurrenz ist groß. Klar ist, dass die Tunnelvariante mit geschätzt rund einer Milliarde Euro deutlich teurer wäre als die oberirdische Variante.
Nun wird die Kölner Politik aller Voraussicht nach in der Stadtratssitzung im Juni über das Großprojekt entscheiden. Auf der hoch frequentierten Strecke zwischen den Haltestellen Heumarkt und Aachener Weiher fährt unter anderem die KVB-Linie 1, die in Stoßzeiten völlig überlastet ist. Die Grünen haben sich gegen einen Tunnelbau ausgesprochen, CDU und FDP sind dafür.
Über das Projekt wird seit vielen Jahren debattiert, eine Entscheidung wurde erstmals 2018 angestrebt. Die Politik schob die Entscheidung auf und forderte auch eine Berechnung für die oberirdische Variante. Im Mai 2020 stellte der Stadtrat für externe Planungsbüros 29,4 Millionen Euro Planungskosten bereit.
Untersucht wird die mögliche Streckenführung zwischen der Haltestelle Heumarkt, die beim Bau der Nord-Süd-Stadtbahn bereits für eine Tunnellösung vorbereitet wurde, und dem Eisenbahnring. Bei der Tunnelvariante würde die Haltestelle Moltkestraße (Linien 1, 7) unterirdisch liegen, von dort aus würde eine Rampe zur oberirdischen Haltestelle Universitätsstraße führen. Für die Linie 9 müsste vom Tunnel am Neumarkt eine Rampe zur oberirdischen Haltestelle Zülpicher Platz gebaut werden, die Haltestelle Mauritiuskirche fiele weg.
Parallel zum Tunnel hat die Stadt auch eine oberirdische Variante mit 90-Meter-Langzügen geplant. Dazu hat der Verkehrsausschuss einen Praxisversuch beschlossen. Die Stadt teilte zu der Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses mit: „Diese Einschätzung fließt nun in die weitere Vorbereitung der Vorlage, sowie in die anstehenden verwaltungsinternen Abstimmungsprozesse ein. Erst wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, wird die Verwaltung dem Rat eine Beschlussvorlage übermitteln. Dies ist nach aktueller Planung für die Ratssitzung im Juni vorgesehen.“
Hintergrund: Wie die Stadt Köln mitteilt, ist die Kapazitätserweiterung auf der Ost-West-Achse ein „Großprojekt mit wesentlicher Bedeutung für den ÖPNV, die Verkehrswende sowie die Entwicklung der Kölner Innenstadt. Dabei planen die Kölner Stadtverwaltung und die KVB die Infrastruktur für eine leistungsfähigere Linie 1. Das betrifft insgesamt 34 Haltestellen von Bensberg bis Weiden West, an denen künftig längere Züge eingesetzt werden. Diese sind 90 statt 60 Meter lang und können rund 50 Prozent mehr Fahrgäste aufnehmen. Dafür werden fast alle Haltestellen der Linie 1 umgebaut und die Bahnsteige verlängert.“
Auftraggeber sind die Stadt Köln und die KVB. Betreut wird das Projekt von der ämterübergreifenden Projektgruppe Ost-West-Achse. Sie besteht laut Stadt „aus Mitarbeitenden des Amtes für Straßen und Radwegebau sowie des Amtes für Brücken, Tunnel und Stadtbahnbau. Die Projektgruppe arbeitet eng mit den KVB zusammen. Innerhalb des Projekts gibt es einzelne Teilprojektleitungen. So verantworten die KVB den rechtsrheinischen Ausbau, inklusive der Haltestellen im Bestandstunnel. Die beiden städtischen Ämter sind für die linksrheinische Planung verantwortlich.“
CDU und FDP begrüßten erwartungsgemäß die Einstufung: „Der Tunnel ist die ultimative Lösung für eine zukunftsfähige Mobilität und eine attraktive Entwicklung der Stadt", sagte die verkehrspolitische Sprecherin der CDU, Teresa De Bellis. „Es macht einfach Sinn, auf der Ost-West-Achse unter die Erde zu gehen, damit die Bahnen störungsfrei, zuverlässig und schnell betrieben werden können. Das wäre ein deutlicher Schub für die Verkehrswende. In diesem Zusammenhang sind wir sehr gespannt auf den Testlauf mit den 90-Meter-Bahnen. Ich kann mir vorstellen, dass es dann noch weitere, sehr überzeugende Argumente für die Tunnellösung geben wird.“
Die FDP sprach von einer „großartigen Nachricht“: Damit könne „die Stadt mit einer Förderung durch Land und Bund rechnen. Das ist ein erster wichtiger Schritt für diese Mega-Projekt, dem im Sommer mit einer entsprechenden Ratsentscheidung hoffentlich der nächste folgt“, sagt Fraktionschef Ralph Sterck. „Das ist eine Jahrhundertchance für Köln! Eine U-Bahn wäre ein Segen für die Kölnerinnen und Kölner. Der Tunnel ist die einer Metropole angemessene Lösung, um eine echte Entlastung in der hochverdichteten Innenstadt zu schaffen, und sorgt gleichermaßen für viel mehr Aufenthaltsqualität. Der ÖPNV wird damit leistungsfähiger, sicherer und zuverlässiger.“
Sterck appellierte insbesondere an die SPD, „im Rat klar Haltung für Kölns Zukunft zu zeigen“. Leider habe die SPD schon beim Planungsbeschluss 2018 auf politisches Taktieren statt auf sachgerechte Politik gesetzt, was zur jetzt umgesetzten Doppelplanung geführt habe. „Damit sollte sie nicht in die Kölner Geschichtsbücher eingehen.“
Die Grünen bekräftigten ihre Ablehnung eines Tunnels: „Der oberirdische Ausbau der Ost-West-Achse ist nachhaltiger, günstiger und schneller umzusetzen“, sagt der Fraktionsgeschäftsführer und Vorsitzender des Verkehrsausschusses, Lino Hammer. Außerdem bliebe Köln eine jahrelange Baustelle im Herzen der Stadt erspart, wenn auf die Tunnelvariante verzichtet würde. „Seit heute wissen wir, dass voraussichtlich beide Varianten förderfähig sind. Der Umfang der Förderung ist jedoch offen. Daher setzen wir auch weiterhin auf die kostengünstigere Variante: Wir wollen oben bleiben!“
Die Volt-Fraktion will sich jetzt bald eine Meinung bilden. Ratsmitglied Isabella Venturini sagte: „Für uns ist eine umfassende Bewertung aller Aspekte für diese Entscheidung unerlässlich. Wir sind froh, dass wir nun die Informationen über die Kosten-Nutzen-Untersuchung und die Förderfähigkeit erhalten haben und unseren Entscheidungsprozess bald abschließen können. Wir befinden uns auf der Zielgeraden!“"
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