Sind ein paar zumindest interessante Aussagen drin, die ich intuitiv nicht sofort widerlegen kann, auch wenn sie mir widerstreben:
Sie schreiben, dass die meisten Unternehmen direkt oder indirekt mit dem Anstieg der CO₂-Emissionen zusammenhängen. Liegt das Problem also in unserer Art zu wirtschaften?
Wir können die Klimakrise nur mit der aktuellen Wirtschaftsweise ernsthaft bekämpfen. Der Punkt ist: Marktwirtschaften sind gut darin, Exponentialfunktionen zu erzeugen, also Entwicklungen, die sich immer weiter beschleunigen.
Aber ist das nicht genau der Grund, warum wir uns jetzt in dieser Misere befinden?
Wenn wir auf die Verschmutzung unserer Atmosphäre oder die Nitratbelastung unseres Wassers blicken, dann haben Sie auf jeden Fall recht. Aber wir brauchen diese Beschleunigungsprozesse an anderer Stelle dringend. Aus der katastrophalen Situation, in die wir uns hineinmanövriert haben, kommen wir sonst nicht mehr hinaus. Und mir ist kein anderes System bekannt, das diese Art von Beschleunigung ermöglichen würde.
Sehr guter Artikel. Ich stimme ihm 100% zu.
Ich kann die Skepsis an der Marktwirtschaft nicht verstehen. Und Stöcker argumentiert an mehreren Stellen, was wir falsch machen. Z. B.: Diejenigen, die Schäden verursachen, müssen nicht dafür aufkommen. Darüberhinaus subventionieren wir fossile massiv, etc.
Es ist doch klar, dass die Marktwirtschaft ein extrem mächtiges Werkzeug ist. Nur die Parameter, mit welchen wir sie betreiben sind auf Zerstörung getrimmt. Da darf man sich dann auch nicht wundern, wenn sie die Welt zerstört.
Der Markt muss versagen. Aus einem ganz einfachen Grund. Diejenigen, die den Hauptteil des Schadens durch den Klimawandel erleiden werden, nehmen noch garnicht am Markt teil, weil sie noch nicht geboren oder im Kindesalter sind.
Entsprechend muss man für sämtlichen Investitionen und die Emissionen eine reale Zinsrate nahe 0% annehmen. wodurch die gesamte Finanzwirtschaft zusammenbrechen würde. Schon ein Realzinsatz von 1% p.a. bedeutet über 100 Jahre eine 2,7 Fache Abwertung der Zukunft gegenüber der Gegenwart. So ist ein indivudeller Klimaschaden von 100.000 € in der 100 Jährigen Zukunft durch die Verzinsung in der Gegenwart nur 37.000 € “wert” Ein Schaden von 100.000 € in 500 Jahren ist dann heute nur noch 700 € “wert”. Und für 100.000 € Schaden in tausend Jahren, kannst du dir heute nicht mal mehr einen Döner kaufen, 4,77 € Und dabei geht es um reale, also inflationsbereinigte Werte, wenn wir von 1% Realzinssatz ausgehen.
https://en.wikipedia.org/wiki/Stern_Review#Discounting
Der Markt ist als Instrument völlig ungeeignet, wenn wir nicht die zukünftigen Generationen zu lasten der jetzigen Generationen zerstören wollen. Und das tun wir ja schon für die lebenden Generationen ziemlich übel.
Nichts gegen den Markt an sich. Das Problem ist nur, dass unser aktueller Markt nicht darauf achtet, dass die freiweilligen und unfreiwilligen Teilnehmerys nicht dabei beschissen werden. Stattdessen handeln die Akteurys wann immer möglich weiter auf der Basis 100 kg Biberfell gegen 1 kg bunte Glasperlen. Irgendwer/irgendwas verliert meist dabei. Das nennen wir dann Wertschöpfung und freuen uns, weil die Linie nach oben geht.
Sobald man aber die bisher sozialisierten Kosten mal eingepreist hat, ist es nicht mehr unser System. Und es kann auch kein gesamtwirtschaftliches Wachstum mehr geben, es kann nur noch ein Bereich der Wirtschaft auf Kosten eines anderen wachsen.
Im Kapitalismus ist es aber irrelevant, wo die vielen toten Biber herkommen und was das macht das mit der Umwelt und den Leuten, die sie jagen macht. Hauptsache, der Preis stimmt und jemand hat das Gefühl eines Bedarfs.
Sorry, ich bin mir nicht sicher, was du mir damit sagen möchtest. Ich vermute dein zentraler Punkt ist der hier:
Irgendwer/irgendwas verliert meist dabei. Das nennen wir dann Wertschöpfung und freuen uns, weil die Linie nach oben geht.
Und ich glaube das ist falsch. Die Wirtschaft ist kein Nullsummenspiel. Die Marktwirtschaft ist extrem gut darin Wohlstand zu schaffen. Natürlich kommt es dabei auch zu unfairer Bereicherung auf Kosten anderer. Aber in einem guten System würde man das verbieten und bekämpfen. Nur passiert das nicht in jedem Bereich. Beispiel: Umweltzerstörung ist oft legal und wird sogar gefördert. Aber das ist ein rein politisches Problem.
Das mag reduktionistisch wirken, aber letztlich läuft es doch irgendwie auf den Energieerhaltungssatz hinaus. Abgesehen von Sonnenenergie und dem einen oder anderen Kometen kommt hier auf der Erde nichts dazu. Wir können also nur Dinge ineinander umwandeln. Wir nehmen also Dinge irgendwo weg, mischen sie ggf. mit anderen Dingen zusammen und tun sie woanders hin. Und das ist ein Nullsummenspiel—fast, abgesehen eben von der Sonnenenergie. Sobald wir das also alle sozialisierten Kosten im Wirtschaftssystem einpreisen, sind wir die Illusion des Wachstums los.
Dann vergiss aber nicht die Entropie. Ein Prozessor von vor 50 Jahren hat die gleichen Ressourcen benötigt, wie ein heutiger. Aber mit 6 µm Fertigung war die Entropie noch größer, also heute mit 3 nm. Die daraus resultierende Steigerung in Rechenleistung ist auch Wirtschaftswachstum.
Marktwirtschaften sind gut darin, Exponentialfunktionen zu erzeugen, also Entwicklungen, die sich immer weiter beschleunigen.
Das ist jetzt mal eine Aussage, die so da steht. Inwiefern da Marktwirtschaften besser sein sollen als andere Wirtschaftsformen/ Anreizsysteme leuchtet mir jetzt auch nicht ein und dürfte mindestens schwer nachweisbar sein.
Das ist jetzt aber auch nicht unbedingt das wichtigste am Artikel.Generell ist Marktwirtschaft auch nicht unbedingt ein Problem. Märkte sind vor allem Verteilungsmechanismen und dadurch, dass sie sich größtenteils selbst steuern auch recht effizient. Das ist es was Ökonomen daran so mögen.
Das Problem liegt in der Ausgestaltung. Ein Markt funktioniert immer nur innerhalb der Regeln, die für ihn angesetzt werden.
Je unregulierter ein Markt ist, desto mehr können einzelne, starke Akteure ihre Interessen vor denen Anderer oder der Allgemeinheit durchsetzen. Das gilt vor allem auch bei externen Faktoren wie der Umweltbelastung.Man kann mit regulierten Märkten auch gegen den Klimawandel angehen.
Ob entsprechender Wille dazu in der deutschen Politik vorhanden ist ist eine andere Frage.Vor zwei Wochen gabs ein längeres Video Interview mit Christian Stöcker bei 2045 by Design or Disaster dazu: https://youtu.be/7BKzY3EZKmU
In der Gegenwart gibt es schon nicht die eine kapitalistische Wirtschaftsweise, sondern unterschiedliche Kapitalismen und Kombinationen mit politischen Strukturen. Und wenn jemand davon spricht, dass diese Basis nicht revolutionär gekippt werden sollte/muss, dann kann damit auf einem Spektrum extrem unterschiedliches gemeint sein, u. a. ‘Weiter so plus bisschen Grünzeug’ oder ‘inkrementeller, aber radikaler Wandel’ (Maja Göpel).