Der Chefredakteur der LTO, Dr. Felix W. Zimmermann, hat sich die Klage von Arne Schönbohm, vertreten durch Markus Hennig, näher angesehen und kommt - unabhängig von persönlicher Meinung zu Schönbohm oder Böhmermann - zu folgender Einschätzung:
(…) Dass die Böhmermann-Sendung den ehemaligen BSI-Präsidenten in schlechtem Licht erscheinen lässt, ist unzweifelhaft der Fall. Er wird dort (nicht neu) als “Cyberclown” bezeichnet und es wird mit viel Tamm Tamm Aufregung um seine Person erregt, etwa durch eingespielte Alarmsignale. So wird eine Skandalstimmung erzeugt. Allerdings sind derartige Elemente nicht untypisches Stilmittel satirischer Sendungen und entsprechend juristisch regelmäßig nicht angreifbar. Daran ändert auch das – nicht unproblematische – Zwitterdasein der Böhmermann-Sendung zwischen Satire und Investigativmagazin, dazu später mehr, nichts.
(…) Bloße Stimmungsmache ist juristisch nicht angreifbar. Doch unwahre Behauptungen sind es. Und darauf stützt Schönbohms Anwalt Markus Hennig auch die LTO vorliegende Abmahnung. Dort begründet er die geforderte Geldentschädigung in Höhe von 100.000 Euro mit angeblich drei falsche Tatsachenbehauptungen. Wie stichhaltig ist das?
Angegriffen wird als erstes die Passage, in der Böhmermann sagt: “Wir haben herausgefunden. Es gibt offenbar ein bislang unbekanntes riesengroßes blubberndes Leck in der deutschen Kompetenz-Pipeline in Sachen IT und das sieht so aus: (…) Das ist Arne Schönbohm.” (…)
(…) eine solche Assoziation, die allein im Kopf des Rezipienten entsteht, ist presserechtlich nicht angreifbar. Benötigt wird ein konkret behaupteter Sachverhalt. An dem fehlt es.
(…) Weiter fordert Schönbohm Unterlassung der Aussage, dass er bewusst mit Nachrichtendiensten aus Russland oder anderen Ländern in Kontakt gestanden hätte. Sein Problem an dieser Stelle: Diese Aussage trifft der Beitrag nicht.
(…) Zum Dritten greift Schönbohm die Äußerung von Böhmermann an: “Die Cyber-Sicherheit in Deutschland ist in Gefahr, und zwar durch den Chef der Cyber-Sicherheit in Deutschland”. Hierbei handelt es sich um eine klassische Bewertung, mithin um eine Meinungsäußerung.
(…) Und die 100.000 Euro, die Schönbohm vom ZDF fordert? Selbst wenn man oben zu anderen Schlüssen käme, müsste für die Bejahung einer Geldentschädigung nicht nur eine einfache, sondern sogar eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegen. Denn der Anspruch ist ultima ratio. Insofern dürfte Hennig bereits auf die Füße fallen, dass er sich fast elf Monate Zeit ließ, um überhaupt auch nur Unterlassungsansprüche gegen den Bericht geltend zu machen. Wer vor Gericht behauptet, eine Berichterstattung sei furchtbar stigmatisierend, aber dann Monate abwartet, macht sich unglaubwürdig.
tl;dr: Schönbohms Klage hat keine wesentlichen Aussichten auf Erfolg.
Abschließend wird im Artikel noch ein wenig auf die Meinungsbeträge über diesen Konflikt und die damit einhergehende Kritik an Nancy Faeser eingegangen. Das ist ebenfalls lesenswert, aber nicht neu, deshalb oben nur die Auszüge zum juristischen Sachverhalt.