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Bei einer Großdemonstration auf dem Richard-Wagner-Platz in Leipzig haben sich am Montagabend mehrere Tausend Menschen versammelt, um gegen die AfD zu demonstrieren. Der Protestzug zog am Abend über den Ring zum Simsonplatz.

Leipzig. Das Klima, es ist rau in diesen Tagen - meteorologisch und politisch: Am Montag trotzen Tausende Menschen Eiseskälte und Schneefall, um in Leipzig gegen die AfD, Rassismus und Rechtsextremismus zu demonstrieren.

Sie drängen sich auf dem Richard-Wagner-Platz, halten Plakate in die Höhe, mit Botschaften wie „Nazis abschieben“ oder „Jetzt können wir es besser machen, als unsere Großeltern“. Und ein Spruch schallt immer wieder durch die Stadt: „Ganz Leipzig hasst die AfD“.

Die Partei ist der Anlass, warum seit Tagen in verschiedenen Städten Zehntausende Menschen auf die Straße gehen. Oder genauer: Anlass sind die Recherchen des Recherche-Netzwerks Correctiv: Journalisten hatten über ein Treffen berichtet, bei dem AfD-Funktionäre, CDU-Politiker und Martin Sellner von der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ zusammenkamen. Bei dem Gespräch in einem Potsdamer Hotel entwarfen die Beteiligten einen Plan, wonach Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland deportiert werden sollen.

Die Recherchen seien keine Überraschung – das betonen jene, die während der Demonstration auf dem Richard-Wagner-Platz am Montag in Leipzig das Wort ergreifen. „Wir sind ungeduldig, weil wir mehrfach auf die Pläne aufmerksam gemacht habe“, sagt eine Rednerin. Es sei Zeit Bündnisse zu bilden, eine andere.

Zu der Kundgebung hatten protesterprobte Initiativen wie „Leipzig nimmt Platz“ aufgerufen, es kamen: Der sächsische Flüchtlingsrat, der Verein „Seebrücke“, die „Interventionistische Linke“, Gewerkschafts- und Parteienvertreter, der Pfarrer Christian Wolff – aber auch Menschen, die sich kaum engagieren, selten auf der Straße sind.

Da ist die 73-jährige Edith. In der einen Hand hält sie ein kleines Plakat, an der anderen hält sie ihre Tochter, die immer wieder in die Sprechchöre einfällt.

Vor Jahrzehnten ist Edith aus Ungarn nach Deutschland gekommen. Mit Sorge hat sie beobachtet, wie ihr Heimatland weiter nach Rechts gerückt ist. „Ich dachte immer in Deutschland wäre man einigermaßen sicher vor so einer Entwicklung“, sagt sie. Jetzt sei es aber Zeit, Gesicht zu zeigen.

Das finden auch Anke und Hanfried Ostermann. „Wir wollten nicht mehr nur am Küchentisch über Politik diskutieren“, sagen sie. Das Paar ist besorgt: Wegen des AfD-Höhenflugs, der Diskursverschiebung in der Gesellschaft.

Hanfried Ostermann kommt aus einer kleinen Gemeinde, nicht weit von Leipzig entfernt. In den letzten Wochen waren sie zweimal da, fuhren mehrfach am Ortseingangsschild vorbei, an dem jemand einen Galgen und eine Ampel befestigt hatte. Für die Ostermanns ein klarer Gewaltaufruf, der im Ort aber nur sie zu stören schien.

Jetzt gehen sie hier in Leipzig auf der Straße, gegen die AfD, aber auch für sich selbst. Man kann doch eh nichts machen – es ist ein Satz, den sie schon häufig im Bekanntenkreis gehört haben, der sie auch ein Stück weit lähmte. „Hier fühlt man sich nicht so hilflos“, sagt Hanfried Ostermann.

Die Zahl der Demonstrierenden wuchs im Laufe des Abends auf bis zu 7000 Menschen an.

Es sind schließlich zu viele für den ursprünglichen Plan, durch die Innenstadt auf den Marktplatz zu ziehen. Also läuft der Pulk über den Ring Richtung Simsonplatz. Und dort versammeln sich alle noch einmal, halten ihre Handys in die Höhe, beleuchten den Platz und rufen: „Alle zusammen gegen den Faschismus.“ Es ist ein Signal, von dem aber keiner weiß, ob sich die Strahlkraft über die Stadtgrenzen Leipzigs hinaus entfalten wird.